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SZ-Kolumne: Vorschlag-Hammer (14)

15. August 2014

Bernhard Blöchl

Der Kulturteil der München- und Bayern-SZ ist renoviert worden. Mehr Service, mehr Magazin, mehr Mehr. Eine Kolumne gibt es auch, und ich bin einer der Autoren. Unter dem – nun ja – Schlagwort „Vorschlag-Hammer“ schreiben SZ-Journalisten auf, welche Kulturveranstaltungen sie empfehlen (und vor welchen sie warnen). Hier mein 14. Teil vom 14.8.2014:

VORSCHLAG-HAMMER
Herumsinnlosen

Bastian Sick, der Deutschlehrer der Nation, mag Bairisch. Er kennt sogar den Unterschied zwischen bairisch und bayerisch, ich habe ihn auf die Probe gestellt. Beim Interview in einer Hotellobby am Harras erzählte er mir vor ein paar Tagen von seiner frühen Begeisterung für die Augsburger Puppenkiste und die Lautmalerei von Obazda. Nicht schlecht für einen Zwiebelfischer aus Hamburg. „Füllen Sie sich wie zu Hause“ heißt das neue Bühnenprogramm des sprachverliebten Kolumnisten (31.10., Freiheizhalle) – Sicks schelmische Freude an Wortspielen und Urschöpfungen scheint unerschöpflich.

Sick

Eine meiner Lieblingswortneuschöpfungen stammt allerdings von Gerhard Polt: herumsinnlosen. „Ich sinnlose vor mich hin, und das mit Begeisterung“, sinnierte er einmal dem SZ-Kollegen Rühle ins Diktiergerät. Großartig! Wir Gehetzten haben das ja total verlernt. Ich zum Beispiel. Vom Gesprächstermin am Harras ging’s durch den August-Stau zurück in die Redaktion, noch schnell einen Filmtipp ins System gehackt und mit dem Büronachbarn über Sinn und Unsinn des neuen Luc Besson diskutiert (Lucy mit Scarlett Johansson ist bildgewaltige Science-Fiction, oder vielmehr: Fantasy-Action, den können Sie sich ruhig anschauen, er regt das Gehirn an).

Schnauf! Dabei ist doch eigentlich Sommerloch. Also aus publizistischer Sicht. So richtig kapiert habe ich das nie, dieses Jammern über das Themenloch im Hochsommer. Und überhaupt: Für jemanden wie mich, den das Überangebot an Events meist dazu verführt, dann lieber doch daheim zu bleiben, bietet das Sommerloch zumindest etwas Klarheit: Von den wenigen Konzerten in der Stadt sucht man sich das spannendste raus, geht dort hin – und muss sich nicht vierteilen, weil in anderen Clubs auch talentierte Bands spielen. Conor Oberst ist so ein Pflichttermin für zerrissene Seelen (16.8., 20.30 Uhr, Freiheizhalle). Warum? Weil Conor Oberst! Einen Tag später demonstriert dann Gabriel Miller Philipps im Theatron, wie lässig es klingt, wenn ein New Yorker Folk-Musiker als Wahlmünchner zum Heimspiel lädt (19 Uhr, Olympiapark, Eintritt frei). Wie gesagt, alles sehr entspannt.

Davor und danach sinnlose ich herum. Ich nehme es mir zumindest vor, wenn ich wieder mal gescheitert bin. Wer ebenfalls nicht stillhalten kann, dem sei eine Landpartie nach Sulzberg-Rosenbach ans Herz gelegt, pardon, Sulzbach-Rosenberg. Die kleine Stadt in der Oberpfalz beherbergt derzeit eine sehenswerte Ausstellung über einen der kraftvollsten Schriftsteller, die der amerikanische Underground je hervorgebracht hat: All About Hank zeichnet mit Fotografien, Gedichten, Zeichnungen und Allerlei das Leben und Werk von Charles Bukowski nach, dessen literarisches Alter Ego Hank Chinaski in vielen seiner Bücher herumflucht. Ein schöner Spruch von ihm geht so: „What matters most is how well you walk through the fire.“ Darauf kommt es an. Auch und vor allem im Sommerloch.

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