Der Kulturteil der München- und Bayern-SZ ist renoviert worden. Mehr Service, mehr Magazin, mehr Mehr. Eine Kolumne gibt es auch, und ich bin einer der Autoren. Unter dem – nun ja – Schlagwort „Vorschlag-Hammer“ schreiben SZ-Journalisten auf, welche Kulturveranstaltungen sie empfehlen (und vor welchen sie warnen). Hier mein 13. Teil vom 14.7.2014:
VORSCHLAG-HAMMER
Weltmeister von morgen
Auch Lahm und Messi haben mal klein angefangen. Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber die waren bestimmt noch kleiner. Die kürzesten Fußballgiganten der Welt gut zu finden, ist keine Pionierleistung mehr, insbesondere nach dem rigorosen WM-Kampf in Rio. Ihr Talent aber bereits erahnt zu haben, als sie noch auf dem Bolzplatz neben der Schule kickten, ist eine Kunst für sich.
Mit dem Sommer-Tollwood verhält es sich ähnlich. Die Künstler, die derzeit die Musik-Arena beschallen, sind schon eine Weile Stars. Zum Beispiel die Trip-Hop-Helden Morcheeba (16.7.), das englische Goldkehlchen Birdy (25.7.), Jamie Cullum (27.7.) sowieso. Die kann man sich prima anhören, keine Frage. Aufregender wird es womöglich ein paar Zelte weiter, auf dem Bolzplatz des Festivals, wenn man so möchte: Unter dem Motto Stadt-Land-Rock treten in der Tanzbar Münchner Bands bei freiem Eintritt auf, die vom Durchbruch noch träumen. Die sich mal wild, mal schüchtern, mal protzig, mal bescheiden präsentieren und mangelnde Erfahrung durch den Charme des Unprofessionellen wettmachen.
Jungen Talenten ein Forum zu bieten, das ist der Ansatz jener Minisause, die die Süddeutsche Zeitung seit 2003 auf dem Tollwood veranstaltet. Mit Erfolg: Marie Marie hat hier vor ein paar Jahren die Harfe bedient, inzwischen verzaubert sie mit ihrem Elektro-Pop große Hallen, etwa beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest. Auch Blek Le Roc und Sharyhan Osman nutzten das kleine Rampenlicht, um früh auf sich aufmerksam zu machen. Von Donnerstag bis Sonntag, 17. bis 20. Juli, präsentieren sich 15 neue Songwriter, Indie-Rocker, Rap-, Pop- und Folk-Poeten, darunter spannende Formationen wie Naked Feen, Swallow Tailed oder Hurrykayne. Außerdem stellt sich Franko van Lankeren als The King of Cons vor, den einige als Frontmann der Talking Pets kennen. Und Lilit And The Men In Grey testen, ob „Bluesrock in Miniröcken“ eine Formel für die Zukunft des München-Pop sein kann.
Wie es um den hiesigen Film-Nachwuchs bestellt ist, davon kann man sich am selben Wochenende bei der Jahresschau der HFF ein Bild machen. An drei Abenden zeigen Studierende ihre aktuellen Spiel- und Dokumentarfilme sowie Reportagen und Videoclips. Zum ersten Mal geht das Festival im Innenhof der Hochschule, also open air über die Bühne (18. bis 20.7., jeweils von 21.30 Uhr an, Eintritt frei). Zu sehen ist auch Nocebo, der Kurz-Thriller von Lennart Ruff, der im Juni in L.A. mit dem Student Academy Award in Gold als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet wurde. Auch ein Weltmeister. Quasi.