Der Kulturteil der München- und Bayern-SZ ist renoviert worden. Mehr Service, mehr Magazin, mehr Mehr. Eine Kolumne gibt es auch, und ich bin einer der Autoren. Unter dem – nun ja – Schlagwort „Vorschlag-Hammer“ schreiben SZ-Journalisten auf, welche Kulturveranstaltungen sie empfehlen (und vor welchen sie warnen). Hier mein sechster Teil vom 10.4.2014:
VORSCHLAG-HAMMER
Im Hotel mit Annett
Keine Ahnung, ob das hierher gehört, aber das Schönste an den Verabredungen mit Annett Louisan ist die Zigarette danach. Alle paar Jahre treffen wir uns in einem Schnöselhotel in München, wir haben dann oft nur eine halbe Stunde Zeit, was nicht viel ist, wenn man bedenkt, dass wir uns so lange nicht gesehen haben. Und hinterher, wenn sich die kleine Dame ihre Zigarette ansteckt, sind wir freudig entspannt, weil es wieder ziemlich gut lief mit uns beiden. Wir plaudern dann über Gott und die Welt – bis der nächste Journalist an der Reihe ist.
Professionelle Promibegegnungen sind wie Speed Dating. Man kennt sich nicht persönlich, lernt sich auch nicht wirklich kennen, und der Eine (Künstler) ist häufig darauf aus, den Anderen (Medienfuzzi) zu bezirzen. Aber weil wir bei der SZ harte Hunde sind, bleiben wir kritisch – so gut das bei dem Charme eben geht, den Frauen wie Annett Louisan versprühen. Die kommen schon mal im weißen Tennisröckchen zum Pressefrühstück angefedert und strahlen, als hätten sie gerade Wimbledon gewonnen. Dass die Pop-Chanteuse auch Gift versprühen kann, zeigt sie auf der Bühne, wenn sie Männer verschmitzt vorführt wie in ihren neuen Liedern „Dein Ding“ oder „Herrenabend“ (live am 11.4., 20 Uhr, Philharmonie). Oder im Kino, wo die Hamburgerin derzeit zu sehen respektive zu hören ist: In dem vogelwilden Animationsfilm Rio 2 verleiht sie einem Tierchen ihre trügerisch süße Stimme: Gabi ist ein Pfeilgiftfrosch.
An eine verrückte Situation musste ich neulich denken, als Matthew McConaughey seinen ersten Oscar bekam (für Dallas Buyers Club). Vor ein paar Jahren traf ich den Schauspieler in München. Um welchen Film es ging, müsste ich im Archiv nachschauen, aber erinnerungswürdiger war ohnehin das Wie des Interviews. Als ich, nervös vor allem deshalb, weil hinterher Penélope Cruz an der Reihe war, mit hüpfendem Herzen die Suite betrat, saß der Sixpack-Zeiger im Yoga-Sitz auf dem Boden und schmierte sich mit etwas ein, bis er glänzte wie ein texanischer Öl-Millionär am Pool mit seinem Gspusi. Er bat mich, Platz zu nehmen und mitzumachen. Die Folge: Das gymnastische Gespräch wurde so schlecht wie meine Asana-Skills.
Ebenfalls nicht Pulitzer-Preis-würdig wären Interviews, die ich mit Jürgen Drews, Claudia Jung und wie sie alle heißen nur unter Zwang führen würde. Weil mir ihre sogenannte Musik komplett gegen den Strich geht, was meine Objektivität beeinträchtigt. Deshalb mache ich am Sonntag einen weiten Bogen um den Olympiapark, wo Die große Schlager-Starparade tobt. Aber das gehört gewiss nicht hierher, es soll doch um Kultur gehen.