Hingehen, fernbleiben, Lieblingsfluchten. Unter dem – nun ja – Schlagwort „Vorschlag-Hammer“ schreiben SZ-Autoren auf, welche Münchner Kulturveranstaltungen sie empfehlen (und vor welchen sie warnen). Hier mein 44. Teil vom 21.4.2016:
VORSCHLAG-HAMMER
Bierbuchliebe
Wenn man am Tag des bayerischen Bieres eine Verabredung mit Josef Hader hat, dann hat man ein Problem. Zwar weiß man das Privileg des Kulturjournalisten zu schätzen, sich mit dem blitzgescheiten Österreicher über dessen Kinorolle als Stefan Zweig unterhalten zu dürfen (Maria Schraders kluger Film Vor der Morgenröte startet am 2. Juni). Als Normalmünchner weiß man aber auch, dass am 23. April das Freibier sprudelt – gezapft von der Bierkönigin am Bierbrunnen vor dem Brauerhaus (Oskar-von-Miller-Ring 1). Nun kann man sich fraglos vorstellen, dass auch der Josef Hader gegen ein frisches Helles nichts einzuwenden hat; beide Termine beginnen etwa um elf Uhr und ließen sich gut verbinden. Weil einem aber ein Interview über Zweigs Exiljahre im angeduselten Zustand nicht vernünftig erscheint, lässt man 500 Jahre Reinheitsgebot 500 Jahre Reinheitsgebot sein und trifft sich in einem gesundheitsbewussten Lokal in Schwabing. Kräuterlimonade statt Bierschaumkrone, aber man will nicht hadern.
Falls sich jemand über die Man-Form wundert, die ich im ersten Absatz gewählt habe, so kann ich das erklären. Kürzlich habe ich den hübschen Coming-of-Age-Schelmenroman „Wie man leben soll“ in die Finger bekommen. Thomas Glavinic – wie Hader ein begnadeter Autor aus Österreich – gelingt darin das Kunststück, die Geschichte von Charlie Kolostrum, eines „siebenundachtzigprozentigen Sitzers“, durchgehend aus der Man-Perspektive zu erzählen. Man staunt. Denn er hält es nicht nur durch, es unterhält auch. Den Roman von 2004 werde ich bei der Aktion „Ich schenke ein Buch“ aussuchen und weiterreichen. Vielleicht auch „Straße der Wunder“, das neue Werk von John Irving (es wäre eine gute Vorbereitung auf die München-Lesung des großen Erzählers am 27. Mai im Residenztheater).
Lustig ist das allemal. Denn am Samstag, 23. April, ist nicht nur Tag des Bieres, sondern auch Welttag des Buches. Gehen Sie also in eine Buchhandlung, und kaufen Sie Ihren Liebsten einen Roman. In einigen Geschäften, Lehmkuhl zum Beispiel, Moths und Sendlinger Buchhandlung, gibt es zum Kauf eine Rose dazu, was auf eine hübsche Tradition in Katalonien zurückgeht.
Und wenn wir schon bei Rosen sind: Gerne möchte ich den 23. April auch noch zum Tag der großen Gefühle erklären. Warum? Weil an diesem Samstag das Museum der Liebesobjekte eröffnet wird. Die Künstlerin und Autorin Luise Loué zeigt in den Räumen des Münchner Literaturbüros Erinnerungsstücke, die für einen geliebten Menschen erschaffen wurden (Milchstraße 4, Vernissage um 19 Uhr). Das Motto der entzückenden Schau: „Vergesst die Liebe nicht!“ Dem schließe ich mich an – und ergänze: Bücher auch nicht. Bier auf keinen Fall.