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SZ-Kolumne: Vorschlag-Hammer (33)

15. Oktober 2015

Bernhard Blöchl

Hingehen, fernbleiben, Lieblingsfluchten. Unter dem – nun ja – Schlagwort „Vorschlag-Hammer“ schreiben SZ-Journalisten auf, welche Münchner Kulturveranstaltungen sie empfehlen (und vor welchen sie warnen). Hier mein 33. Teil vom 15.10.2015:

VORSCHLAG-HAMMER
Hüllenlos in München

Sex-Skandale taugen immer für einen steilen Einstieg, fangen wir also mit dem Playboy an. Kürzlich wurde ja bekannt, dass das erlauchte Herrenmagazin auf Nacktfotos verzichten wolle, weil hüllenlose Frauen überholt seien. Schuld habe, hieß es weiter, das schamlose Internet. Was das mit Kultur zu tun hat, fragen Sie? Jede Menge. Der Playboy ohne Entblätterte ist wie die Frankfurter Buchmesse ohne Papier. Schwer vorstellbar, passiert aber schleichend. Auch auf dem Buchmarkt sorgt das Digitale für Veränderungen, was mitunter auch die Inhalte betrifft. Das kann überprüfen, wer sich am Wochenende durch die Messehallen schiebt. Da ich aber selbst nicht in Frankfurt sein kann, viele von Ihnen wahrscheinlich auch nicht, hilft das hier nicht weiter. Aber zum Glück leben wir in einer Stadt, die kulturell selbst dann mithalten kann, wenn die Scheinwerfer anderswo aufgebaut, die roten Teppiche anderswo ausgerollt werden.

Wo also lockt in München spannende, hüllenlose Literatur? Der ehemalige Hanser-Verleger Michael Krüger stellt in der Buchhandlung Lehmkuhl seinen Erzählband „Der Gott hinter dem Fenster“ vor (19.10., 20 Uhr). Einen Tag später liest Gerhard Henschel im Literaturhaus aus seinem „Künstlerroman“, dem sechsten Teil seiner Martin-Schlosser-Chronik (20.10., 20 Uhr). Auch der Nachwuchs bekommt seine Chance: Am Mittwoch, 21. Oktober, geben, ebenfalls im Literaturhaus, die aktuellen Münchner Literaturstipendiaten Einblicke in ihre entstehenden, förderwürdigen Werke (19 Uhr, Eintritt frei).

 

Die Brücke von herausragenden, weil feinen und lebensklugen Texten zur Popmusik schlägt Eric Pfeil. Der Kölner Multitasker und Rolling Stone-Kolumnist gastiert bei der Heyne-Reihe „It’s a Hardcore Night“ im Club Unter Deck, wo er mit seinen poetischen Songs intim wird (22.10., 21 Uhr). Die Brücke von der Musik zum Film wiederum baut der irische Songwriter Glen Hansard, bekannt als Hauptdarsteller in dem hübschen Independent-Drama „Once“ (19.10., Kesselhaus). Was gutes neues Kino betrifft, so blicken viele derzeit nach Oberfranken, wo von Dienstag, 20. Oktober, an die 49. Hofer Filmtage Cineasten aus aller Welt für junge, zum Teil rohe und bisweilen sperrige Geschichten begeistern möchten. Auch hier gilt: Wer in München bleibt, muss nicht darben. Gehen Sie zum Beispiel mal wieder ins Werkstattkino, wo in diesen Tagen mit dem kompromisslosen Drama The Tribeüber gehörlose Jugendliche ebenfalls etwas gewagt wird – aber stellen Sie sich darauf ein, dass kein Wort gesprochen wird. Auch mal schön, oder?

 

Schon mal vormerken darf man sich den Auftritt einer Hamburger Indierockband in der Milla (12.11.), die den Bogen zum hüllenlosen Anfang dieser Kolumne schließen soll: Herrenmagazin. Ob Sie es glauben wollen oder nicht, aber die höre ich in erster Linie wegen ihrer intelligenten Texte.

 

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